Wie in der hiesigen Region wird auch in Mohács, der Bensheimer Partnerstadt im Süden Ungarns, Fastnacht gefeiert, bei den Magyaren ist es allerdings als Buschofest inzwischen europaweit bekannt und gehört seit dem Jahr 2009 zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe. Die Bekleidung der Buschos hat sich seit den Ursprüngen im 18. Jahrhundert wenig verändert. Sie tragen ein nach außen gekehrtes Schafsfell, eine Hose mit Strohfüllung und bunte, gestrickte Strümpfe. Das Fell ist mit einem Viehseil zusammengehalten, daran ist eine Viehglocke befestigt. In den Händen halten die Buschos Ratschen oder Holzkeulen. Die von den Buschos getragene, mit Tierblut rot gefärbte Holzmaske ist mit einer Schafsfellkapuze versehen.
Die furchterregenden, lärmenden Buschos beerdigen den Winter und mit einem Feuer begrüßen sie den Frühling. Das Brauchtum basiert auf Überlieferungen der kroatischen Minderheit und reicht in heidnische Zeiten zurück. Was die Bedeutung des Brauchs anbelangt, gibt es zwei Versionen: die eine spricht von kultischen Handlungen, die so, wie bei anderen Faschingsbräuchen, der Austreibung des Winters dienen. Die andere Theorie geht auf die Angst vor den Osmanen zurück.
Bei Mohács hat Ungarn einen der größten Schicksalsschläge seiner Geschichte erlitten: die Niederlage gegen die Türken auf dem Schlachtfeld von Mohács im Jahre 1526. Nach dieser verlorenen Schlacht begann in Ungarn die 150 Jahre währende Türkenherrschaft. Erst danach waren sie wieder die Herren im eigenen Haus. Mit den furchterregenden Masken haben die Männer von Mohács die Türken in Angst und Schrecken versetzt und somit vertrieben.
Egal für welche Version man sich entscheidet, in Mohács wird sechs Tage lang gefeiert. Diesmal wurde bei fast zweistelligen Plus-Temperaturen der Winter vertrieben und verbrannt und der Frühling begrüßt. Gut und gern 80.000 Menschen aus Ungarn, Deutschland, Österreich, aus Polen, Kroatien, Frankreich und der Schweiz, kamen in die Bensheimer Partnerstadt, um an diesjährigen Buschofest teilzunehmen. Höhepunkt zwar zweifellos das Entzünden des riesigen, sieben Meter hohen Scheiterhaufens auf dem Marktplatz vor dem Mohácser Rathaus.
Aus Bensheim weilte Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert in offizieller Mission in Mohács, lernte den Buschobrauch kennen, nutzte aber auch und gerade die Gelegenheit Gespräche mit dem Mohácser Bürgermeister József Szekó, dem Chefarzt und Direktor des Mohácer Krankenhauses und gleichzeitig Vizebürgermeister Dr. Csaba Csizmadia und der Direktorin des Behinderten- und Sozialheimes Pándy Kálman, Kati Kolutácz zu führen. Ebenso wurden Gespräche mit den beiden Vizebürgermeistern Erika Kovacsne-Bodor (Schule und Bildung) sowie Aron Cerdi (Kultur und Medien) vertieft.
Besonders beeindruckt zeigte sich die Bensheimer Stadtverordnetenvorsteherin von der Arbeit, die in diesen Einrichtungen geleistet wird. Christine Deppert besichtigte nicht nur die kleinen Wohneinheiten, in denen psychisch Kranke teilweise ein eigenständiges Leben führen, sie verschaffte sich auch eine Eindruck über die Möglichkeiten einer geregelten Arbeit, der die Bewohner nachgehen, sei es in der Töpferei, in der eigenen Wäscherei und Gärtnerei oder der Großküche, in der täglich 700 Mittag und Abendessen zubereitet werden. Die Leiterin dieser Einrichtung, in der rund 300 Bewohner leben, ist eine geschätzte Fachfrau in Ungarn und dem europäischen Ausland. Ihre Erfahrung, ihre Ratschläge werden nicht nur im ungarischen Sozialministerium geschätzt. Kati Kolutácz praktizierte Inklusion in Mohács schon, als in Deutschland nur wenige mit dem Begriff etwas anfangen konnten.
Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des deutsch-ungarischen Freundeskreises Bensheim-Mohács, Franz Müller, vereinbarten Christine Deppert und Kati Kolutácz im kommenden Jahr eine Ausstellung in Bensheim zu präsentieren, in der preisgekrönte Bilder psychisch Kranker gezeigt werden, die unter anderem auch schon in Schweden und der Schweiz zu sehen waren.
Mit dem Vorsitzenden des Freundeskreises Mohács-Bensheim, György Werner, wurden gemeinsame Aktionen vereinbart, so geht Anfang April wieder ein Hilfstransport von Bensheim nach Mohács, im Mai reist eine 44-köpfige Gruppe aus Bensheim in die Partnerstadt, im nächsten Jahr findet der Gegenbesuch wieder zum Winzerfest statt. Bürgermeister József Szekó begrüßte die Idee, dass sich künftig alle Bensheimer Partnerstädte gemeinsam kulturell austauschen und jeweils Protagonisten auf dem Gebiet der Literatur, der Musik und des Theaters in die jeweilige Partnerstadt einladen. Zum diesjährigen Weinfrühling Ende April wird eine kleine Delegation aus Mohács Bensheim besuchen, und zum 30-jährigen Jubiläum der Verschwisterung zwischen Bensheim und Mohács am 6. Mai wird eine größere Abordnung aus Ungarn erwartet, darunter auch Bürgermeister József Szekó und die beiden Vizebürgermeister Aron Cerdi und Dr. Csaba Csizmadia.